KOH RONG SAMLOEM – M’PAI BAY
25. März 2019
KOH RONG SAMLOEM – M’PAY BAY – I LOVED YOU!
10. Juni 2019
KOH RONG SAMLOEM – M’PAI BAY
25. März 2019
KOH RONG SAMLOEM – M’PAY BAY – I LOVED YOU!
10. Juni 2019

KOH RONG SAMLOEM – HOMEBASE & DENGUE

Home

Koh Rong Samloem – mein erstes zu Hause weg von zu Hause. Meine erste Homebase während der Weltreise. Für mich ein magischer, einmaliger und unvergesslicher Ort. Ich hatte mein zu Hause, mein Paradies entdeckt. Im Dorf war ich mittlerweile mit den meisten westlichen Hostelbesitzern befreundet. Sicherlich auch dank meiner Teilnahme am wöchentlichen Pokerspiel, welches in der Bar von KJ stattgefunden hat. Die Fruitladys und Mini-Shop Mamas kannten mich aufgrund meines täglichen Besuchs und auch die Restaurantbesitzer lächelten immer höflich zurück. Ich hatte allen Grund dazu den ganzen Tag mit einem breiten Lachen im Gesicht umherzugehen. Mein Khmer verbesserte sich täglich, was mir den Einkauf und das Verhandeln vereinfachte und eine bessere Bindung zu den Einheimischen ermöglichte. Ich wurde Teil der M’Pai Bay Familie. M’Pai Bay, der letzte Strandabschnitt auf der Insel Koh Rong Samloem, welches noch nicht von den Chinesen aufgekauft und mit Resorts zugepflastert wurde. Ich war Teil der Piratenfamilie!

Highseason 2019

Die Hochsaison startete fulminant und die Touristen kamen in Scharen auf die Insel. Es bedeutete viel Arbeit und genau diese Herausforderung suchte ich als Manager. Mitte Februar dann der Einbruch. Auf Facebook und Twitter wurde verbreitet, dass Kambodscha ein Dengue-Fieber Problem hatte, was tatsächlich auch der Fall war – dazu später mehr. Es dauerte zwei oder drei Tage bis wir denn Touristen-Rückgang bemerkten. Hiro, ein japanischer Hostel- & Bungalowbesitzer, hat mir darauf gesagt, dass pro Saison nur eine Trendänderung passiert. Sollte heissen, dass wenn die Touristenanzahl aus irgendeinem Grund einbricht, dies sich während der Hochsaison nicht mehr erholt. Hiro wusste wovon er sprach. Es wurde tatsächlich ruhig auf der Insel und die Hostelbesitzer klagten über die niedrigen Umsatzzahlen.

Wir konnten diesem Negativtrend entgegenwirken. Wir hatten es tatsächlich geschafft als «unerfahrene» Manager unser Hostel voll zu bekommen. Wir waren permanent voll gebucht oder gar überbucht. Unsere Gäste blieben wegen uns länger als geplant und kamen sogar wieder zurück in unser Hostel. Unsere Family-Dinner hatten sich herumgesprochen, unser Frühstück und unsere Snacks wurden legendär. Wir als Manager waren permanent zur Stelle und liessen keine Wünsche offen. Ich arbeitet unermüdlich. Dies bedeutete auch 7 Tage Wochen und 12 Stunden Tage aber für diese Insel und dieses Hostel opferte ich Herzblut.

Ohne Erfahrung im Hostel-Business haben wir auf Anhieb das Unmögliche umgesetzt. Wir haben während einer Hochsaison-Krise und mit einem Toursitenrückgang von etwa 50%, mehr Geld umgesetzt als die Hostelbesitzer im selben Monat das Jahr zuvor! Die Bewertungen auf Hostelworld waren ein weiterer Beweis für unser Können und Balsam für die Seele. Ja, ich kann behaupten, dass ich ein Hostel erfolgreich managen kann.

Der unermüdliche Einsatz, die eindrucksvollen Zahlen und der Fakt, dass ich trotzdem mit einem Lachen durch das Dorf lief, sprach sich herum. Ich hatte mir meinen Platz in der Piratenfamilie erarbeitet. Ich hatte mein neues zu Hause und meinen neu gewonnen Freunde hart erkämpft und mir den Respekt verdient.

Dengue

In meiner neuen Heimat häuften sich die Dengue-Fälle. Viele die länger auf der Insel verweilten wurden fiebrig, krank und lagen 7 Tage flach. Bis dahin wusste ich lediglich, dass Dengue der böse Bruder von Malaria war und dass man an Dengue tatsächlich sterben kann. Aber mich würde es schon nicht erwischen, ich hatte ja Moskitospray.

Der Tag war gekommen, an dem ich starke Kopfschmerzen bekam. Habe ich zu wenig Wasser getrunken oder eventuell zu viel Sonne abbekommen? Ah egal, wird sich schon legen meinten alle. Als die Kopfschmerzen auch während der Nacht nicht weggingen fing ich an mich zu sorgen. Nach einer Nacht ohne Schlaf wurden die Kopfschmerzen immer heftiger. Nun kam Paracetamol zum Einsatz – ohne Erfolg. Die Kopfschmerzen wurden unerträglich. Ich war arbeitsunfähig. Dabei konnte ich weder schlafen noch liegen. Die Schmerzen waren nur im Sitzen zu ertragen aber so konnte ich wiederum nicht schlafen. Am dritten Tag setzte dann das Fieber ein. Innert 2 Stunden stieg meine Körpertemperatur von 36,8 auf 39,3 Grad. Jetzt wusste ich, dass etwas nicht stimmt – Selbstdiagnose: Dengue?! Ich hoffte, dass ich falsch lag , aber Dengue wäre plausibel. Sara, die Freundin Stefan, war Krankenschwester und meinte ich solle viel trinken und wenn nötig Paracetamol einnehmen – auf keinen Fall Imbuprofen! Der Appetit blieb seit 4 Tagen aus. So auch die Mahlzeiten. Ich konnte nicht essen. Aus irgendeinem Grund fehlte mir der Appetit. Schlimmer, ich fühlte mich permanent überfressen und dass ohne Nahrungsaufnahme. Wasser war das einzige was ich in mich reinzwingen konnte und musste.

Visarun

Die Zeit drängte. Mein Visa lief in 4 Tagen aus und ich musste ein Visarun nach Thailand machen. Es wurde ernst. Tag 7 und somit war morgen Visarun-Tag. Aus irgendeinem Grund liessen die Kopfschmerzen an jenem Morgen nach. Fiber war bei 37,5C aber Hunger hatte ich immer noch nicht. Egal, ich trat meine Anreise nach Thailand an. Mit der Fähre nach Sihanoukville, dort übernachten und am nächsten Tag zur bzw. über die Grenze nach Thailand. Ich plante 2-3 Tage Auszeit auf Koh Chang, Thailand. Aufgrund des Schlafmangels war ich müde und Stefan und Sara hatten kein Problem damit, dass ich erst einige Tage später wieder mitanpacken würde – ich hatte es mir gewissermassen verdient.

Mit letzter Kraft in Koh Chang angekommen und im Hostel eingechecked schlug mir die Faust des Lebens ins Gesicht. Das Fieber stieg auf 40,2 Grad, Kopfschmerzen meldeten sich zurück und dabei hatte ich bereits seit 8 Tagen nichts gegessen. Ich konnte meine Hände vor Schmerz nicht mehr ballen. Ich spürte wie sich meine Muskeln in den Beinen zusammenzogen, was ebenfalls von Schmerzen begleitet wurde. Oliver, jetzt bloss nicht durchdrehen. Egal was es ist, jetzt ist die falsche Zeit um durchzudrehen. Ein Arztbesuch wäre sinnvoll und so machte ich mich mit Hilfe auf den Weg zum nächstbesten Arzt auf der Insel.

Dort angekommen wurde mir Blut entnommen wonach sich der Verdacht bestätigte – DENGUE! Irgendwie wusste ich es, was sollte es sonst sein. Der Arzt hatte zudem zwei weitere schlechte Nachrichten. Erstens, meine Blutwerte waren im Keller – kein Wunder ich hatte da bereits 10 Tage nichts gegessen. Zweitens, ich hatte Dengue Typ 2 auch bekannt als Dengue hämorrhagisches Fiber (DHF). Es gibt 4 Dengue Typen. Normalerweise bekommt man Dengue Typ 1. Dabei liegt man 7 Tage flach, hat Fieber und danach ist alles wieder in Butter. Dengue Typ 3 und 4 waren aktuell in Kambodscha kein Thema. Nun an meinem Dengue Typ 2 kann man sterben. Überlebenschance 70%. WHAT THE FUCK. Das erste Mal in meinem Leben wurde ich im Gespräch mit einem Arzt damit konfrontiert, dass ich die nächsten 3 Tage eventuell nicht überleben werde. 30%, so hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass ich nie wieder lieben würde. Zu 30% hatte ich meine Freunde und Familie für das letzte Mal umarmt. Zu 100% wollte ich leben, lieben und reisen. Nein, ich verabschiede mich nicht vom Leben, nicht jetzt! «Sometimes you lucky, sometimes you unlucky». Genau das waren die Worte des Arztes. Er sagte mir aber auch, dass es unser Ziel ist, mich am Leben zu erhalten – «you must survive, think positiv». Selbst heute kriege ich Gänsehaut, wenn ich an dieses Gespräch zurückdenken.

Wie konnte ich am leben bleiben, welche Medikamente musste ich einnehmen, um zu überleben? Es gab keine Medikamente dagegen. Die Antwort des Arztes war klar: Drink water, a lot of water meinte er. Ich solle mich ausruhen, Wasser und Elektrolyselösungen trinken und am nächsten Tag nochmals vorbeikommen, um meine Blutwerte zu überprüfen.

Zurück im Hostel angekommen ruhte ich mich auf meinem Bett aus. Auf dem Weg zum Klo, klappte ich dann bereits zum zweiten Mal zusammen – mangelnde Nahrungszufuhr. Ich war zu schwach zum Gehen. Mit Hilfe schaffte ich es dann doch zum Klo und zurück ins Bett. Ich hatte eine einsame und schlaflose Nacht. Die permanenten körperlichen Schmerzen hatte ich ausgeblendet. Auch die fehlende Nahrungszufuhr seit mittlerweile 11 Tagen war mir egal. Ich will leben, lieben und reisen. An diesen Gedanken hielt ich mich fest. Ich schrieb meinen Geschwistern wie es um mich stand. Die Sorge um mich war verständlicherweise gross. Aber ich hatte keine Kraft eine riesen Geschichte daraus zu machen. Die Nacht verging und ich war noch am Leben.

Am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg zum selben Arzt. Dort angekommen wurde mein frisch entnommenes Blut ausgewertet. Ich war positiv gestimmt, der Arzt mit den ausgewerteten Blutdaten in der Hand weniger. «Ok Sir, you have to go the hospital right now». Mir gefrierte das Blut in den Adern. Trotz Fieber fühlte ich eine unangenehme Kälte. «your platelets have reached a critical level of 51’000». Jetzt wäre der ideale Zeitpunkt um panisch zu werden. Ich blieb beängstigend ruhig. Ich konnte es nicht ändern. Das Spital war das nächste Ziel und dort musste ich nun hingelangen. Als ich die Arztrechnung an der Theke begleichen wollte, war ich kurz davor gleich wieder wegzuklappen. Auf wackeligen Beinen und nicht ansprechbar hielt ich mich am Tresen fest. Jetzt bloss nicht wegklappen! In diesem Moment hielt ich am Tresen fest, als wäre es mein Leben! Leben, lieben und reisen Oli, come on now!

Spital

Ich musste mich hinsetzen. Nachdem ich mich gesammelt und Wasser zu mir genommen hatte gings geradewegs ins Spital. Dort angekommen wurde mir wieder Blut abgenommen und ausgewertet. «Ok Sir, you have to stay here at least 1 night. We will have an eye on you». Das war ja der Grund warum ich da war. In der Zwischenzeit wurde ich gewogen. 12 Tage ohne Nahrung hierliess spuren. Ich hatte 10kg! an Gewicht verloren – das meiste davon waren Muskeln. Meine Arm-, Bein-, Bauch-, und Schultermuskulatur hatten sich gefühlt halbiert. Zu dem Zeitpunkt war es natürlich egal.

Nach dem Check-In wurde ich auf einem Bett in mein Zimmer gerollt. Im Zimmer befanden sich 2 Mönche und etwa 4 weitere Patienten. Die meisten schrien und stöhnten vor sich hin. Das Zimmer wirkte auf mich wie ein altes Gefängnis. Kein Ort an dem ich lange sein wollte. Ich erhielt eine Infusion und Paracetamol. English sprach hier, bis auf meinen Arzt, keiner. Der Arzt war gefühlte 25 Jahre alt, aber das war mit zu dem Zeitpunkt egal. Auf dem Infusionsbeutel konnte ich NaCl lesen und ich war beruhig. Ich wusste das NaCl für Natriumchlorid also Kochsalz stand. Ich war mir selbst dankbar, dass ich ein grosses Interesse an der Allgemeinbildung hatte und wusste das Kochsalz genau das richtig für mich war – you need water!

Mir wurde alle 3 Stunden Blut entnommen und ich musste zusätzlich alle 3 Stunden 1,5 Liter Wasser trinken. In dieser Nacht fand ich kein Schlaf. Einerseits, weil ich permanent geweckt wurde um Wasser zu trinken und die Schwestern mir Blut entnahmen, andererseits wusste ich, wenn ich diese Nacht überleben würde, wäre ich vermutlich über dem Berg.

Die Sonne ging auf. Ich wartete voller Anspannung auf diesen Moment. Leben, lieben und reisen Oli! Ich war noch am Leben und fühlte mich wie neu geboren. Die Kopfschmerzen waren weg, das Fieber sank unter 37 und meine Laune war besser den je. Die Krankenschwester brachte mir eine kleine Portion Reis mit Fleisch und Gemüse und zum ersten Mal nach fast 2 Wochen genoss ich wieder Nahrung. Der Arzt tauchte auf und meinte, meine Blutwerte hielten sich lange stabil und fangen aktuell wieder an zu steigen. «You can leave the hospital if you want but please keep on drinking water and start eating small amounts of food».

24 Stunden nachdem ich das Spital betreten hatte, verliess ich es lebend und mit einem Lachen. Ich hatte es geschafft. Ich hatte 10kg abgenommen, eine Partie Schach mit dem Tod gespielt und bin nun immun gegen den Dengue Typ 2! Leben, lieben und reisen – Was für ein Ritt.

2 Tage später kehrte ich zurück in die M’Pai Bay. Ich wurde mit wärmsten Umarmungen empfangen. Alle waren froh, mich zu sehn und ich war froh mein geliebtes zu Hause wieder zu haben. Ich fand langsam zu alter stärke zurück und nahm die Arbeit wieder auf. Das Leben hatte mich wieder und ich war froh lächelnd durch meine Heimat zu schlendern. Leben, lieben und reisen.

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