
DAS VISA FÜR CHINA
9. September 2018
LET’S GO!
29. Oktober 2018Die Vorgeschichte
Wie ich bereits in unserem Masterplan unter der Abmeldung schrieb, war die Abmeldung bei der Einwohnerkontrolle, sowie die Aussetzung aus dem Steuerregister und den damit verbundenen Massnahmen, noch hängig. Wir wollten die Aussetzung aus dem Steuerregister frühestmöglich klären, damit eben noch genügen Zeit für die Mutationen der Gemeinde mit dem Kanton, die Ausfüllung der Steuererklärung und die Begleichung der Steuerschuld bleibt. Die Vorabklärungen, welche ich jedoch acht Monate im Voraus tätigte, waren tatsächlich für nichts gewesen – zumindest in Bezug auf das Steuerregister.
Status quo
Wir wissen nun, dass wir uns lediglich bei der Einwohnerkontrolle unsere Wohngemeinde abmelden können. Jedoch sein es unter keinem Umstand möglich, uns aus dem Steuerregister – welches unter der Obhut der Gemeinde liegt – aussetzen zu lassen, Basta!
Nach diesem Entscheid unserer ehemaligen Gemeindeverwaltung bin ich erstaunt, wie immens die unterschiedlichen Praktiken der Kantone oder gar Gemeinden sind. Es gibt unzählige Beispiele anderer Schweizer-Langzeitreisenden, bei denen eine Aussetzung aus dem Steuerregister, aufgrund einer langen Weltreise, überhaupt kein Problem darstellt – im Gegenteil. Die meisten Gemeinde- oder Städteverwaltungen sind froh, wenn sich der Einwohner frühzeitig meldet. Uns war es ein sehr grosses Anliegen, dass wir unsere Steuererklärung und unsere Steuerschuld begleichen konnten, bevor wir abreisten – eigentlich doch ein vorbildlicher Ablauf, sollte man meinen.
Einwohnerkontrolle
Ich erläutere hiernach, was die Abmeldung bei der Einwohnerkontrolle für Vor- bzw. Nachteile mit sich bringt.
Ein Vorteil ist das Zählen der Stimmen nach den Abstimmungen und Wahlen. Dazu kommt die FREIHEIT! Damit sind wir mit den Vorteilen auch bereits durch.
Die Liste der Nachteile ist da schon etwas länger. Da wir nirgends in der Schweiz angemeldet sind, verlieren wir das Anrecht auf die obligatorische Krankenversicherung. Wir haben kein Einkommen aber verständlicherweise kein Recht auf Arbeitslosengeld – selbsterklärend. Dementsprechend verabschieden sich unsere AHV/IV Einzahlungen und zugleich den Anspruch auf den Bezug der AHV/IV, was meines Erachtens das grösste Risiko birgt. Ohne Anschrift ist es uns praktisch unmöglich neue Verträge abzuschliessen, da Korrespondenzadressen oft nicht akzeptiert werden. Ohne Anschrift und Versicherung können wir keine Wohnung beziehen und uns nirgendwo in der Schweiz niederlassen – ihr seht die Liste wird lang. Offensichtlich bringt eine reine Abmeldung bei der Einwohnerkontrolle tendenziell mehr Nach- als Vorteile.
Paradoxon des Steuerregisters
Dies sollten wir eigentlich mit der Aussetzung aus dem Steuerregister ausgleichen können. Bei einem Austrag aus dem Steuerregister schulden wir für das angebrochene Jahr das Ausfüllen der Steuererklärung und selbstverständlich die Begleichung der Steuerschulden. Bei den darauffolgenden Jahren könnten wir uns das Ausfüllen und Einreichen der Steuererklärung sparen, da wir über keine Wohnung verfügen, kein Einkommen haben und auch kein Vermögen um die CHF 100’000 besitzen. Gewissermassen VERPFLICHTUNGSFREIHEIT! In meinen Augen ein fairer Deal.
Uns waren diese Pros und Kontras zu jedem Zeitpunkt sehr wohl bewusst und trotzdem entschieden wir uns für die Verpflichtungsfreiheit, was mit der Abmeldung aus Einwohnerkontrolle und Steuerregister einher gegangen wäre.
Weder Füfi noch Weggli
Wie bei der Einleitung bereits erwähnt, wurde die Aussetzung aus dem Steuerregister unserer Wohngemeinde abgelehnt. Nun sind wir also zwar abgemeldet, schulden aber weiterhin unserer ehemaligen Wohngemeinde jährlich die Einreichung der Steuererklärung – wohlgemerkt ich werde mich beim nächsten Ausfüllen der Steuererklärung vermutlich irgendwo im Gewässer von Mu Ko Ang Thong aufhalten. Ihr könnt euch vorstellen welches Interesse ich zu diesem Zeitpunkt an der Ausfüllung einer Steuererklärung haben werden – egal.
Warum so kompliziert?
Nun, diese Frage konnte mir niemand beantworten. Argumente wie „… wir können euch nicht aussetzen, weil es sein könnte, dass ihr euch nach der Rückkehr plötzlich nicht mehr anmelden…“ sind natürlich totaler Blödsinn. Wie oben bereits erwähnt, ohne Anmeldung ist das Niederlassen in der Schweiz praktisch gesehen unmöglich. Also waren Argumente wie „… es wird uns Vorgegeben…“ oder auch „…ich kann Ihnen da nicht helfen…“ an der Reihe. Ich fühlte mich ignoriert, hintergangen und machtlos.
Das Telefongespräch
Nach der ersten negativen Rückmeldung der Gemeinde, rief ich die zuständige Person der Steuerverwaltung gleich an. Ich wollte das Problem sachlich beheben und hoffte auf Ihre Mithilfe, ohne Erfolg. Ich erinnerte Sie daran, dass ich vor rund acht Monaten Ihre mündliche Zustimmung bezüglich unseres Vorhabens hatte. Sie wollte nichts mehr davon wissen. Als ich mich informierte, wer die nächsthöhere Instanz sei, um doch noch auf einen grünen Zweig zu gelangen, verwies sie mich an die kantonale Steuerverwaltung. Ich zögerte nicht diese anzurufen und erhielt eine ernüchternde Antwort. Die Entscheidungsgewalt liege in den Händen der Gemeinden. Schon lustig wie sich der Kreis schliesst. Zu Deutsch also – uns waren die Hände gebunden.
Beziehungen zur Gemeindeverwaltung
Ich bin kein Fan von Vitamin B. Im Laufe meiner beruflichen Karriere wurde mir jedoch die Macht von wichtigen Beziehungen bewusst. Interessanterweise hatte ich eben genau zu meiner ehemaligen Einwohnergemeinde sehr viele Beziehungen zu Schlüsselpersonen. Da wären der Gemeindepräsident, der stellvertretender Gemeindeschreiber, indirekt sogar der Gemeindeschreiber selbst, der Bauverwalter, Mitglieder der Finanzkommission bis hin zum Werkhofverantwortlichen. Wieso also nicht einen Gefallen einfordern? Nun, dies läge nicht in meiner Natur. Ich bin der Meinung, dass es auch auf regulärem Weg gehen sollte. Mittlerweile wurde ich eines Besseren belehrt und ärgere mich darüber.
Die Schlüsselfigur
Unseren aktuellen Umstand verdanken wir einer Person, die ich nicht beim echten Namen nennen will, weshalb ich Sie Frau Appendix nenne (der Appendix ist der Blinddarm. Dieser ist zwar weder überlebenswichtig noch ästhetisch oder interessant, aber wenn sich der Appendix quer stellt und entzündet – nimmt es einen suboptimal Lauf).
Ich habe Frau Appendix bei keiner meiner Termine auf der Gemeindeverwaltung persönlich getroffen. Dennoch nahm sie sich mit einem unermüdlichen Eifer unserer Situation an. Leider zu unseren Ungunsten. Wir suchten parallel zu den Abklärungen von Frau Appendix nach alternativen Möglichkeiten uns legitim – also legal – aus dem Steuerregister auszusetzen. Jeder dieser Schritte wurde mit höchster Akkuratesse von Frau Appendix verfolgt und verunmöglicht. Sie zog tatsächlich jeden Pfeil aus dem Köcher um Ihren Willen durchzusetzen. Meines Erachtens war klar ein persönliches Motiv dahinter. Ich vermute die Missgunst – zu Unrecht! Dies würden die Gegebenheiten erklären, aber noch lange nicht rechtfertigen.
Ich habe Verständnis, dass ein Fall wie unserer den monotonen Alltag einer Frau Appendix aufpeppen kann. Dabei wird auch die Arbeitsmotivation geweckt. Aber Frau Appendix lief zu Höchstformen auf, als sie sich unseren Fall annahm. Ich will festhalten, dass ich ein Befürworter des gesunden Menschenverstands bin. Zudem würde ich mich doch als hilfsbereit beschreiben und befürworte den Fortschritt. Ich will niemandem bewusst im Weg stehen und letztlich stehe ich sehr wohl zu meinem Wort. Während den letzten Wochen durfte ich erfahren, dass Frau Appendix tatsächlich ein negatives Abbild von mir sein könnte. Ob sich Frau Appendix eventuell doch zu weit aus dem Fenster gelehnt hat ist mir nicht bekannt.
Schlusswort
Ich belasse Frau Appendix ihren Erfolg. Man solle sich an den kleinen Dingen im Leben erfreuen. Ich werde die Steuererklärung elektronisch ausfüllen, durch einen Unterschriftsberechtigten unterzeichnen und abgeben lassen. Während ich die Steuererklärung dann ausfülle, schlürfe ich vermutlich an einem eisgekühlten Drink, total entspannt irgendwo unter der Sonne – sorgenfrei, glücklich und bestimmt mit einem dicken Lächeln im Gesicht. Ich stelle mir vor wie Frau Appendix dabei sich mit der gelobten Bürokratie herumschlägt, draussen die Kälte ertragen muss und eventuell auch einen kurzen Augenblick daran denkt, wie es sich anfühlt unter jenen Umständen einen lächerlichen Erfolg zu feiern.
Haftungsausschluss
Aus Respekt und in Bezug auf den Persönlichkeitsschutz gemäss unserer Bundesverfassung und dem Zivilgesetzbuch, wurden in diesem Blogeintrag keine Namen genannt, bzw. entsprechend abgeändert. Dem Autor sind die richtigen Namen bekannt. Der Autor lehnt jegliche Haftung, insbesondere für selbst getätigte Schlussfolgerungen, ab. Jedoch mache ich hiermit sehr gerne vom meinem Recht gemäss Art. 16 Abs. 1 und 2 BV gebrauch – die freie Meinungsäusserung. Wollte ich schon immer mal niederschreiben